Das war nicht vorgesehen – Günter Bosien: „Traumfänger“ in der Bücherhalle
■ (pm) Harburg. Günter Bosien empfing die Gäste, die zu seiner Lesung in die Bücherhalle Harburg im Carrée kamen, am Donnerstag voriger Woche persönlich und mit Handschlag – aber nicht alle, denn die Leiterin der Bücherhalle funkte ein ums andere Mal dazwischen. Nicht weil sie unhöflich gewesen wäre: Nein, der Raum, der für die Lesung vorgesehen war, die Galerie, platzte bereits 15 Minuten vor Beginn der Lesung aus allen Nähten. „Herr Bosien, wir brauchen noch mehr Stühle, Herr Bosien, die Stühle passen nicht mehr rein, Herr Bosien, was jetzt…?“ Die Dame wusste sich keinen Rat, hatten sich doch die Gäste bereits die besten Plätze in den ersten Reihen gesichert. Es blieb ihnen nicht erspart: Sie mussten in den Lichthof umziehen – eine gute Lösung, die die Leiterin der Bücherhalle angeboten hatte.
Umziehen musste auch die Böhmische Wanderharfe von Irmtraud Bosien, die ihren Mann bei diesen Lesungen musikalisch begleitet. Die Harfe fand wenig Gefallen daran. Dann das nächste „Missgeschick“, ausgerechnet über dem Lesepult flackerte die Deckenbeleuchtung. Günter Bosien, gestählt durch nicht wenige unliebsame Ereignisse während der zahlreichen Reisen mit dem Wohnmobil, reagierte spontan, ganz nach dem Motto „Selbst ist der Mann“. Er schnappte sich eine Leiter, drehte und schraubte und siehe da, der Lesung stand nichts mehr im Weg.
Im Laufe des Abends kamen immer mehr Zuhörer hinzu, so auch die angekündigte Delegation seines Verlages (BOD aus Norderstedt). Insgesamt waren es tatsächlich über 70 Personen: „Ein großartiges Erlebnis und ein Zeichen großer Wertschätzung, über das wir uns beide außerordentlich freuen“, resümierte Günter Bosien.
Passend zum Auftakt mit Hindernissen, begann der Autor seine Lesung mit der Geschichte „Das war nicht vorgesehen!“ Es ist die 13. und letzte Geschichte aus seinem neuen Band mit den Titel „Traumfänger unterwegs“ – Ins Netz gegangene Impressionen.“ Ein weiteres Mal beweist der Harburger nach „Grenzen überschreiten – Menschen begegnen“ (Die Buchhandlung am Sand, Hölertwiete 5, hat beide Bücher vorrätig) im nun vorliegenden Buch sein Erzähltalent. Im Plauderton nimmt er seine Zuhörer zumeist nach Südeuropa mit. Das ging so weit, dass bei der zweiten Geschichte („Bei Sofia unterm Wasserhahn“) einige Frauen sogar zum Taschentuch griffen. Die Damen waren von einigen Passagen dermaßen gerührt, dass sie nur mit Mühe die Tränen zurückhalten konnten, „manchmal klappte es nicht,“ konnte Bosien über seinen Brillenrand hinweg beobachten.
Einige der Anwesenden äußerten nach dem gebührend langen Schlussbeifall den Wunsch, unbedingt über die nächsten Veranstaltungen auf dem Laufenden gehalten zu werden. In jedem Fall wollen sie auch Nachbarn und Freunde mitbringen, „weil man die Bosiensche Lesung erlebt haben muss.“ Die Harfe von Irmtraud Bosien, über den „Umzug“ zunächst leicht verstimmt, hatte mittlerweile auch wieder zu ihrem rechten, hellen Klang gefunden. Vielleicht hatte ihr aber auch nur das anfänglich flackernde Licht etwas zugesetzt.
Der Neue Ruf, 16. April 2011, S. 1, 7